[08.02.2021] Janne Büttel (Weltraumjogger Berlin) ist erneut in den DTU-Nationalkader 1 für das Jahr 2021 berufen worden. Herzlichen Glückwunsch!

Wir haben uns mit ihm und seinem neuen (alten) Coach Marcel Obersteller (Diagnose Berlin) über die letzte Saison, seine Pläne für dieses Jahr und seinen Trainerwechsel unterhalten.

 

2021 Janne Marcel

 

Hallo Janne, das letzte Jahr war für uns alle ein ganz besonderes Jahr. Trotzdem hast Du 2020 viel erlebt. Du hast Dein Abitur absolviert, Du hast die Coronazeit genutzt, Deinen Führerschein zu machen, Du hast Dich entschlossen ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) zu leisten und Du hast Deinen Trainer gewechselt. Aber erzähle selbst, wie hast Du die letzte Saison erlebt?

Janne: Die letzte Saison war wahrscheinlich für alle TriathletInnen die ‚härteste‘ Saison. Für mich gilt das natürlich auch. Zunächst waren keine Wettkämpfe in Sicht und/oder wurden mehrfach verschoben, was das zielgerichtete Training sehr erschwerte. Zusätzlich habe ich mich von meinem langjährigen Trainer getrennt. Physisch und psychisch war 2020 schon eine sehr große Herausforderung, wo ich viel über mich gelernt habe.

 

Was nimmst Du aus der letzten Saison mit?

Janne: Vor allem, dass Triathlon auf mehreren Ebenen trainiert werden muss. Es gibt die körperliche Ebene, die relativ einfach zu trainieren ist. Dann gibt es den Kopf, der einen gerne mal einen Strich durch die Trainingsplanung macht und dann gibt es die Seele, die auch mal ganz gerne etwas völlig anderes möchte, als gerade zu trainieren. Die große Schwierigkeit ist es, diese drei Ebenen gleichwertig zu betrachten und ihren individuellen Wünschen Gehör zu schenken.

 

Wieso hast Du in diesem Jahr den Trainer gewechselt?

Janne: Marcel ist für seinen ganzheitlichen Trainingsansatz und für seine sehr guten Trainer-Athlet-Beziehungen bekannt und ich hatte gerade in dem Krisenjahr das innere Bedürfnis nach Veränderung. Mein Umfeld und mein Verein haben mich zu einem Wechsel ermutigt und nun gebe ich der neuen Trainingsphilosophie eine Chance.

 

Was versprichst Du Dir von dem Wechsel?

Janne: Marcel legt sehr viel Wert auf Wissenstransfer und nimmt sich viel Zeit für Trainer-Athlet-Gespräche. Ich habe wahnsinnig viele Fragen und Marcel und sein Team sind da eine sehr gute Anlaufstelle. Seine Trainingsphilosophie beruht auf ein umfangreiches und fundiertes Wissen, langjähriger Coachingerfahrung und trainingswissenschaftlichen Knowhow.

 

Was ist Dein erster Eindruck von der Zusammenarbeit mit Marcel und dem Team von Diagnose-Berlin?

Janne: Auf jeden Fall ist die Zusammenarbeit mit Marcel und Diagnose-Berlin sehr professionell und hat mein Training auf ein neues Niveau gehoben. Er hat die Fähigkeit mich im Training stark zu fordern und mir dabei trotzdem den Druck von Leistung zu nehmen. Er entdeckt viele kleine Stellschrauben und macht die Leistungsentwicklung sehr transparent und verständlich. Außerdem hat er wahnsinnig viele lustige Geschichten aus seiner Zeit als Triathlet zu erzählen und nimmt sich selber nicht so wichtig. Er begegnet uns AthletInnen auf Augenhöhe und hat für jeden Wunsch ein Ohr. 

 

Machst du Dein Freiwilliges Soziales Jahr ganz bewusst in Deinem eigenen Verein?

Janne: Ich habe schon immer die ehrenamtlichen Tätigkeiten der Trainer, Betreuer und Vorstandsleute in unserem Verein bewundert und war immer sehr dankbar. Ohne deren ehrenamtliches Engagement hätten wir nie eine so große Jugendabteilung aufbauen können. Ich hatte das innere Bedürfnis diesem Verein etwas zurück geben zu wollen. Da bot sich ein FSJ an.

 

Wie sehen Deine weiteren Pläne dieses Jahr aus?

Janne: In dieser Saison entscheidet sich wohl, was ich nach meinem FSJ Ende August machen werde. Sollte ich bis dahin einen starken Partner an meiner Seite haben, werde ich den Schritt an einen Stützpunkt wagen und mich auf den Leistungssport konzentrieren. Sollte dies nicht der Fall sein, bleibe ich dem Triathlon zwar treu, konzentriere mich aber auf meinen beruflichen Werdegang.

 

Hallo Marcel, Du bist den meisten Berliner TriathletInnen kein Unbekannter und warst selber sehr erfolgreich u.a. auf der Langdistanz unterwegs. Inzwischen coachst Du seit mehr als 20 Jahren AthletInnen. Was reizt Dich nach so vielen Jahren immer noch am Coachen?

Marcel: Ich liebe es Menschen auf Ihren Wegen begleiten und ihnen beim Erreichen ihrer sportlichen Ziele behilflich sein zu dürfen.

 

Du kennst Janne schon seit er 9 Jahre alt ist und warst jahrelang sein Jugendtrainer. Wie schätzt Du sein sportliches Talent ein?

Marcel: Janne ist ein sehr begabter junger Mann mit allen Grundvoraussetzungen, die sich ein Trainer wünscht. Er ist motiviert bis in die Haarwurzeln, sehr belastungsresistent, sehr selbstreflektierend und ist ein wirklich dufter Typ (grinst).

Allerdings wäre ich dabei mit dem Begriff Talent vorsichtig und würde es eher Begabung nennen. Mit Talent würde ich lieber das Umfeld einer/s AthletIn bewerten wollen. Der Coach, die Eltern, die Ausbilder/Lehrer, die Osteopathen, die Bikefitter, etc. müssen alles Mögliche tun, damit der/ die AthletIn bestmöglich trainieren kann. Wenn wir das alles Hand in Hand hinkriegen sind wir talentiert!

 

Du hast Janne ca. 5 Jahre nicht betreut. Was ist Dir an seiner Entwicklung als Erstes aufgefallen?

Marcel: Der ‚kleene‘ Janne von früher war einen Kopf kleiner als ich und fragte als Erster bei unseren jährlichen Übernachtungsparties, ob er seine Matratze ganz nah bei uns TrainerInnen hinlegen darf. Jetzt ist er zwei Köpfe größer und spricht drei Oktaven tiefer als ich. Daran musste ich mich erstmal gewöhnen (lacht).

 

Es heißt 'viele Köche verderben den Brei'. Bei einem Athleten wie Janne ist die Betreuung als Coach sicherlich schwierig, da er nicht nur von Dir betreut wird, sondern auch vom Landestrainer und vom Bundestrainer. Wie empfindest Du die Kommunikation und die Zusammenarbeit mit den KollegInnen?

Marcel: Das funktioniert super. Ich bin total begeistert von dem Engagement des Bundestrainers Thomas Möller, von Steffen Justus als Bundestrainer Sichtung und der gesamten DTU. Sie sind wahnsinnig kooperativ und nehmen sich viel Zeit, um mit mir das Training, die anstehenden Trainingsmaßnahmen und die Wettkämpfe abzustimmen. Außerdem planen Sie mit viel Weitsicht und legen sehr viel Wert auf Langfristigkeit. So etwas habe ich in der Form noch nicht erlebt und bin da sehr glücklich und zufrieden. Georg Opitz als Landestrainer ist eine ideale Ergänzung. Ich kenne ihn schon sehr lange und wir haben eine gute Verbindung auf Augenhöhe.

 

Du hast mit Diagnose-Berlin mittlerweile ein ganzes Team an Deiner Seite. Was macht Euch so besonders?

Marcel: Puh, grundsätzlich denke ich, jeder Mensch ist auf seine Art besonders und von jedem Menschen kann man etwas lernen. Aber bezogen auf meine Arbeit bei und mit Diagnose-Berlin denke ich, ist unser wissenschaftlicher Hintergrund und das Zusammenspiel der einzelnen Kernkompetenzen ein Punkt, der uns aus der Masse herausstechen lässt.
Wir sind alle studierte SportwissenschaftlerInnen mit unterschiedlichem Expertenwissen im Bikefitting, Leistungsdiagnostik, Coaching und Ernährung. Daher bieten wir ein großes Spektrum sozusagen ‚inhouse‘ an und können dadurch AthletInnen ganzheitlich betreuen.

 

Was macht Deiner Meinung nach den Unterschied zwischen einem guten Trainer und einem sehr guten Trainer aus?

Marcel: Ich glaube in erster Linie muss die Chemie zwischen AthletIn und TrainerIn stimmen. Die Zeiten von autoritären Trainern sind vorbei. Jeder sehr gute Coach sollte auch ein sehr guter Pädagoge sein. Er sollte Interesse an dem Leben und die Psyche seines/r AthletInnen haben. Zusätzlich sollte er seinen AthletInnen Wissenstransfer anbieten. Die AthletInnen möchten wissen, warum sie heute so trainieren sollen und morgen so. Das ist ihr gutes Recht. Ein großer Denkfehler vieler TrainerInnen ist übrigens, dass sie nur für die Entwicklung sportlicher Leistungen verantwortlich sind. Das ist viel zu kurz gedacht. Ein/e sehr gute/r TrainerIn ist z.B. auch für die Persönlichkeitsentwicklung und die Gesundheiterhaltung seiner/ihrer AthletInnen verantwortlich und sollte diese Themen genauso ambitioniert verfolgen.

 

Was hat sich Deiner Meinung nach am stärksten in der Coachingform seit Deinem Start als Trainer 2001 verändert?

Ich denke das sind ganz klar zwei Dinge: Erstens die Trainingswissenschaft. Endlich haben sich mal ein paar schlaue Köpfe getraut, die ganzen alten Trainingsansätze in Frage zu stellen und haben neue Wege gefunden Training gezielt zu steuern, um metabolische Werte und damit die sportliche Leistung zu verbessern.
Zweitens der Athlet bzw. die Athletin. Vor 20 Jahren waren wir alle irgendwie wilde Cowboys, die alles besser wussten und sich von Nichts und Niemanden etwas erzählen ließen. Wir trainierten einfach drauf los und haben eigentlich nur darauf gewartet bei irgendeiner Gelegenheit unsere rasierten Beine zu zeigen und zu erzählen, dass uns 1x Training pro Tag nicht reicht (lacht über sich selbst).
Heute sind die AthletInnen belesen und an der Wissenschaft interessiert. Sie wollen nicht mehr möglichst viel, sondern möglichst schlau trainieren. Das macht die Zusammenarbeit und die Trainingsplanung super interessant.

 

Wenn Du Dir die Zeitenentwicklung bei Langdistanzen anschaust, wie erklärst Du Dir die Leistungsexplosionen beim Radfahren?

Die Entwicklung bei den Radzeiten ist ganz klar auf die Wissenschaft und Kenntnisse des Bikefittings und der Sattelentwicklung zurückzuführen.
Wer heute noch ein Rad fährt ohne sich darauf fitten zu lassen ist selber schuld und verschenkt unnötig Zeit. Die AthletInnen früher fuhren mit 280 Watt auf der Langdistanz einen 39er Schnitt und fuhren dabei mindestens 10km im Wiegetritt, weil Sie die Aeroposition nicht mehr aushielten. Wer anschließend noch einen halbwegs vernünftigen Marathon lief war sofort in den Top10.
Heutzutage fahren die mit 280 Watt einen 42er Schnitt, verlassen die Aeroposition nur zum Wasserflaschen aufnehmen und laufen danach los, als wären sie gerade frisch geduscht.


Vielen Dank Janne und Marcel für Eure Zeit!